Baumwipfelpfad im Harz

Auf zum Baumwipfelpfad in Bad Harzburg. Mein Wunsch war es zu erkunden, wie es sich wohl anfühlt, wenn man von hoch oben aus den Baumkronen heraus auf die Erde herablickt. Was sieht ein Vogel von da oben?

Einmal in den Baumkronen spazierengehen – Das war schon immer mein Wunsch. Zwar dachte ich da eher an die Regenwälder und die romantischen Filme, in denen sich die Akteure mit ihren Lianen von Baum zu Baum schwingen, doch inzwischen sind meine Knochen ziemlich lahm. Was solls, dachte ich, der Baumwipfelpfad im Harz tut es auch.

Am letzten Donnerstag startete ich Richtung Harz, um Niedersachsens einzigartigen Baumwipfelpfad am Fuße des Burgberges in Bad Harzburg zu besuchen.

Baumwipfelpfad Bad HarzburgEin 1.000 m langer Pfad in luftiger Höhe, der Pfad führt in bis zu 26 Metern Höhe durch die alten Baumkronen des Kalten Tals. Schnell hindurch durch den Urknall-Tunnel und dann in Ruhe die 52 Erlebnisstationen genießen. Naja, mit dem Genießen war das so eine Sache. Ich hatte mich einer Führung angeschlossen. In Folge dessen war ich aufgefordert, mich dem Tempo der Gruppe anzupassen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Trotzdem erfuhr ich auf den sogenannten Erlebnisstationen sehr viel über den Harz, seine Entstehung, die Tierwelt und die Holzwirtschaft.

Was mich am meisten beeindruckt hat:

1. Durch die Baumkronen zu wandern ist ein wunderbares Gefühl. Von dem schmalen Holzpfad aus auf die artenreiche Natur des Harzes hinunterzuschauen, einzigartig.

2. Alle reden vom Klimawandel. Ich mag das nicht beurteilen, fest steht jedoch, dass wir im letzen Jahr einen extrem trockenen und heißen Sommer hatten. Diese Extremtemperaturen haben auch im Harz ihre Spuren hinterlassen.

  • Der Baumbestand hat gelitten. Durch die extreme Trockenheit sind viele Bäume abgestorben.
  • Durch den fehlenden Regen führen die Talsperren weniger Wasser, als in den Jahren zuvor. Vom Harzwasser profitiert die ganze Region. Selbst wir in Isenbüttel bekommen Trinkwasser aus dem Harz.

Bäumesterben im Harz3. Das Bäumesterben. Dass der Borkenkäfer sich lustig durch die Bäume frisst und damit wertvolle Baumbestände vernichtet, hatte ich gerade einige Tage zuvor in einem Fernsehbericht gesehen. Was ich jedoch nicht wusste ist, dass die vielen Kiefern im Harz angepflanzt wurden, weil die Besatzungsmächte nach dem Krieg das Abholzen der Holzbestände verlangt hatten. Wieso das, habe ich mich gefragt. Nachdem Krieg herrschte nicht nur Hunger in Deutschland, es kam auch zu kalten Wintern und die Menschen benötigten Brennholz, um nicht zu erfrieren. Das Holz aus dem Harz wurde also benötigt, um das Überleben der Bevölkerung zu sichern. Nach der Abholzungsaktion wurden dann in den Nachkriegsjahren im Harz Kiefern angepflanzt, weil diese Pflanzlinge in der Anschaffung billiger waren. Holz ist ein wertvolles Gut. Es gibt Bäume, die wachsen schnell, wie die Kiefern, und es gibt Bäume, die wachsen langsam, wie die Eichen.

Kurz, die damals gepflanzten Kiefern sind jetzt in die Jahre gekommen. Sie haben einfach ihr Lebensende erreicht. Auch diese Tatsache führt zum Bäumesterben im Harz.

Wanderung auf dem BaumwipfelpfadDa wanderte ich nun in den Wipfeln der Bäume herum, doch kaum ein Vogel war zu hören. Besorgt erkundigte ich mich bei unserem Guide, was das zu bedeuten hätte.

Nein, kein Vogelsterben in Bad Harzburg. Der Baumwipfelpfad wird jeden Tag von vielen, an manchen Tagen sogar von bis zu 3.000 Besuchern, durchwandert. So viel Aktion mögen Vögel nicht. Deshalb suchen sie sich Orte, an denen sie ihre Ruhe haben.

Eine der Erlebnisstationen ist ein Glaspfad. Man schwebt sozusagen in der Luft und unter den Füßen befinden sich geologische Sensationen. So dachte ich jedenfalls. Obwohl das Thema geologische Formationen sich mir beim Betreten des Glaspfades nicht erschloss, war es ein nettes Gefühl, einfach mal zu versuchen, geborgen durch die Glasplatten in freier Luft zu schweben.

Besuch des Baumwipfelpfades im HarzBesonders viel Spaß gemacht haben mir übrigens die Erlebnispfade. Mittels einer Hängebrücke konnte man verschiedene Brückenstrukturen testen. Gut festhalten, so war es easy, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Oh man, ich habe wirklich ein ADS-Syndrom (Abenteuer-Defizit-Syndrom).

Wenn man bedenkt, dass erst vor ca. 160 Jahren die Eisenbahn erfunden wurde und die technischen Errungenschaften unserer Zeit erst seitdem Fahrt aufgenommen haben, und wenn man dann an das Alter (weit mehr als 293 Millionen Jahre) des Harzes denkt, fragt man sich schon: “Was haben die Leute früher eigentlich so gemacht?”

Kiepenfrauen im HarzDas bringt uns zu den “Kiepenfrauen”. Kiepenfrauen sind Frauen, die mit einer Kiepe, einem Tragegestell, auf dem Rücken Waren zu Fuß durch den Harz getragen haben. Diese Frauen waren sehr arm. In ihren Kiepen befanden sich neben Holz, das sie sammelten, oder Mehl, das sie irgendwohin brachten, auch andere Dinge des täglichen Gebrauchs. Auf dem Rückweg aus den einsamen Tälern des Harzes brachten sie handgeklöppelte Spitzen und anderes Kunsthandwerk mit. Ihr ganzes Leben verbrachten diese Frauen auf Wanderschaft – von hier nach dort in einem fort. Was für ein beschwerliches Leben muss das gewesen sein? Laut unserem Guide sollen sie aber trotzdem gelacht haben???

Den Abschluss der Führung bildete ein Klangerlebnis. Sie sahen aus wie Klangschalen, waren nur falschherum aufgehängt. Kam man ihnen zu nahe, konnte man hautnah die Klangwellen, die durch Anschlagen dieser Klangschalen verursacht wurden, erleben. Auch eine Erfahrung: Das Erspüren der Wirkung der durch Klang initialisieren Wellen auf den eigenen Körper und die Erkenntnis, auch durch Klang sind wir manipulierbar.

Nach dem Ende der Führung habe ich den Baumwipfelpfad nicht verlassen, um auf dem Wanderweg zurück nach Bad Harzburg zu wandern, sondern bin den Pfad in meinem Tempo zurückgelaufen.

Das Gefühl, mich wie ein Vogel zu fühlen, der die Welt aus seiner Baumwipfel-Perspektive heraus beobachtet, stellte sich leider nicht ein. Wie denn auch? Der Baumwipfelpfad in Bad Harzburg ist eine Touristenattraktion – allerdings eine Sehenswerte!

Fazit: Der Besuch des Baumwipfelpfades lohnt sich auf jeden Fall. Will man diesen Besuch jedoch zu einem sinnlichen Erlebnis machen, nehme man sich Zeit zum Spüren, Lauschen, Ausprobieren und zum Lesen der Informationstafeln.

Weitere Informationen unter: www.baumwipfelpfad-harz.de

 

So und nun kommt mit auf den Baumwipfelpfad.