Gedanken zum “Mutter” sein

Kaum ein Anspruch ist mit so vielen Erwartungen, Freuden und Frustrationen überfrachtet, wie der Wille einer Frau eine „gute Mutter“ zu sein.

Sobald eine Frau ein Kind gebärt, ist sie eine Mutter, ein Leben lang, denn die Mutterschaft läßt sich nicht kündigen. Die natürliche Verbindung einer Frau zu ihrem Kind entsteht mit der Geburt und endet mit dem Tod. Doch so sehr sich eine Frau auch über ihren Nachwuchs freut, manchmal bringt sie allein der hohe Anspruch „eine gute Mutter sein zu wollen“ an ihre persönlichen Grenzen.

Nachdem ich etliche Jahre das „eine gute Mutter sein“ geübt hatte und mir so manches, was mir erzählt und suggierte wurde, sehr zweifelhaft vorkam, beschloss ich, den Mythos der „guten Mutter“ etwas zu entrümpeln. Dem Anspruch aller auf mich herabprasselnden Anforderungen konnte ich so und so nicht gerecht werden und was auf der einen Seite richtig war, entpuppte sich im nächsten Moment als vollkommen falsch. Wie denn nun? Ich beschloss einfach nur auf mein Herz zu hören!


Warum es in meinen Augen so schwer ist, als Mutter glücklich und zufrieden zu sein:

Die natürlichen Instinkte

Wie eine Mutter sich ihrem Kind gegenüber verhält, was dem Kind gut tut, wie man es schützt und ihm ein Geborgenheitsgefühl vermittelt soll jede Mutter instinktiv wissen. Doch was ist, wenn diese natürlichen Instinkte von dem Leben in einer Wohlstandgesellschaft überlagert worden sind? Dann entstehen Gefühle von Unsicherheit und Hilflosigkeit. Eine Mutter, die sich unsicher oder hilflos fühlt, kann kaum gleichzeitig glücklich und zufrieden sein.

Die Natur hat uns viele Schätze mit in die Wiege gelegt. Wir dürfen ihr vertrauen.

Vorbilder

Kinder lernen durch Nachahmen. Auch Mütter haben vieles durch Abgucken und Nachmachen gelernt, vor allem wie eine Mutter zu sein hat. Das Vorbild für die gelebte Mutterliebe erhält eine Frau meist durch die eigene Mutter. Die Beobachtung und der Vergleich mit anderen Frauen in ihren Mutterrollen sowie das gerade moderne Gesellschaftsbild und die durch die Medien suggerierten Werte prägen den Anspruch.

Es ist nicht einfach, ein Muttersein zu leben, das den eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen und den ganz individuellen Ansprüchen und Bedürfnissen des Kindes gerecht wird, ohne gleichzeitig auch noch den Ansprüchen der „Vorbilder“ gerecht werden zu wollen. Und doch liegt hier der Schlüssel für mehr Zufriedenheit.

Superwoman

Kaum eine Frau darf sich heute voll dem Familienleben widmen, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Und das obwohl die ersten Jahre mit einem Kind viel, viel Kraft von ihr fordern und dies die wichtigsten Jahre in der Entwicklung des Kindes sind.
Also geht es möglichst schnell zurück in den Beruf, der ebenfalls Einsatz und Kraft fordert. Haushalt und Familienmanagement fordern ebenfalls …
Viele Mütter merken nicht, dass die heute vorgelebten Lebens- und Familienbilder sie überfordern. Überforderte Mütter haben es schwer, einen entspannten Umgang mit ihren Kindern zu finden.

Die Mütter der heutigen Zeit haben die Chance, eigene zu ihrer Person und ihrer Familie passende Strategien zu entwickeln und zu leben, denn die vorhandenen Landkarten für ein erfolgreiches Leben stammen aus einer anderen Generation. Sie haben keine Gültigkeit mehr. Für eine Frau ist es sehr wohl möglich, mehrere Karrieren zu starten. Was spricht dagegen erst eine Familienkarriere und dann eine Berufskarriere zu wagen oder umgekehrt. Alles zur gleichen Zeit zu wollen überfordert. Deshalb ist es klug, den Superwomenanspruch der Filmindustrie mit ihren vielen, bunten Bildern zu überlassen.

Superkinder

Beobachtet man manchmal junge Familien im Umgang mit ihrem Nachwuchs, fällt auf, dass schon die Kleinsten für den Erfolg von morgen trainiert werden.
Kaum in einer Entwicklungsphase haben Kinder so viel zu lernen und zu verarbeiten, wie im Kleinkindalter. Sie haben genug damit zu tun, zu wachsen, ihre Sinne auszubilden, ein Ich-Bewusstsein zu entwickeln, zu lernen, was es heißt zu teilen und und und …
Werden diese Entwicklungsphasen nicht gelebt und vollständig abgeschlossen, bleiben Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stecken, obwohl sie vielleicht schon mit zwei Jahren begonnen haben, Chinesisch zu lernen.
Fehlende Entwicklungsabschlüsse aus der Kindheit behindern Jahre später das Potential des Menschen und es ist schwer sie nachzuholen, während man auch als Erwachsener vergleichbar leicht Chinesisch lernen kann.
Kinder wollen Kinder sein dürfen! Dafür brauchen sie Zeit und Freiräume und eine verlässliche und zufriedene Mutter an ihrer Seite.

Liebe und Gelassenheit

Geduld, auch wenn der Filius zum fünften Mal erzählt, was er erlebt hat, Humor und Lachen, all das ist so kostbar. In einem Haushalt, in dem alles auf die Minute genau getaktet ist, damit die vielfältigen Verantwortlichkeiten unter einen Hut gebracht werden können, bleibt wenig Zeit für Liebe und Gelassenheit.
Manchmal hilft es schon, gemeinsame Zeiten zu entstressen und geschützte Räume für das Familienleben zu schaffen, in denen niemand anders etwas zu suchen hat, auch kein Smartphone und kein Fernseher.


Mutter sein

An dieser Stelle lasse ich ein kleines Gedicht sprechen, das vor einigen Jahren entstanden ist:

 

Mutter sein

Sie ist zufrieden, ihrem Kind geht es gut,
Grenzen zu ziehen – wie oft fehlt der Mut.
Sie erfüllt Wünsche, die wichtig sind,
bis sie merkt, es sind ihre Wünsche, nicht die des Kind.

Sie versucht zu geben, was ihr blieb versagt,
ihr Kind soll erreichen, was sie nie gewagt.
Sie hatte es schwer und sie nimmt sich zurück,
heimlich neidet sie ihrem Kind sein Glück.

Sie ist voller Zweifel, will eine „gute“ Mutter sein,
ihrer Intuition zu folgen fällt ihr nicht ein.
Mit dem Kind zu lachen sie viel zu oft vergisst,
weil Erziehung sie nach fremden Werten misst.

Sie reagiert wie ein Kind, ihr Kind sich beklagt,
weil dem Kind seine Mutter als Kind nicht behagt.
Dann wieder spielt sie ihrer eigener Mutter Spiel,
vergisst sich zu fragen, was sie wirklich will.

Das Kind soll ihr geben, was sie im Leben vermisst,
das sie Verantwortung abgibt, sie dabei vergisst.
Ihr Kind hilft ihr durch zeigen, sich selber zu verstehen,
sie beginnt sich zu ändern, lässt alte Muster gehen.

Sie ist ganz sie selbst und lässt sich ein auf ihr Kind,
eine Zeit des gemeinsamen Glückes beginnt.
Sie ist voller Liebe, darf sein wie sie ist,
für sich selbst gut zu sorgen, sie nie mehr vergisst.

Telse Maria Kähler


Zum Nachdenken:

  • Die Zeiten mit den Kindern sind kostbar.
  • Funktionierende Familien sind kostbar.
  • Die Trends der Erziehungsratgeber ändern sich – Die Sprache des Herzens ist immer wahr.
  • Jedes Kind ist einmalig und möchte in seiner Einmaligkeit wahrgenommen werden.
  • Mütter, die neben dem Muttersein auch ihr Frausein leben, sind glücklicher.
  • Wenn die Mutter glücklich und zufrieden ist, spürt es das Kind.